9. Februar 2003   
 
 

1. FC Kaiserslautern Machtkampf am Abgrund

Die Walz aus der Pfalz: Briegel sorgt für neues Chaos

Jetzt herrscht hier wirklich Chaos.“ Mit dieser Einsicht meldet sich Hans-Peter Briegel in der neuerlichen Provinzposse um den sportlich und finanziell am Abgrund befindlichen 1. FC Kaiserslautern zu Wort.

Dass der gerade erst gewählte stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende selbst für dieses Chaos hauptverantwortlich ist, dafür reicht die Selbsterkenntnis dann aber doch nicht aus.

 

Briegels Versuch, am Vorstandsvorsitzenden René C. Jäggi vorbei Karl-Heinz Feldkamp als Sportdirektor in die Pfalz zu lotsen, mutet wie ein Rückfall in die Zeit vor Jäggis Amtsantritt und vor der Wahl des neuen Aufsichtsrates an. Vorstand und Aufsichtsrat arbeiten wieder gegeneinander, tragen einen offenen Machtkampf aus, als hätte es den folgenschweren Zwist in diesem Sommer nie gegeben.

Lautern hat ohne Jäggi keine Zukunft

Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bestätigte Briegel: „Ich wäre sicher dafür, dass Kalli Feldkamp zurückkommt.“ Und setzt damit seinen Konfrontationskurs gegen Jäggi ungebremst fort. Dass Jäggi sich brüskiert fühlt, seine Zukunft beim Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga mit der des von ihm engagierten Trainers Eric Gerets verbindet, ist eine logische Folge, die Briegel mit seinem eigenmächtigen Vorgehen wohl nicht bedacht hat.

Ohne Jäggi hätte der 1. FC Kaiserslautern derzeit kaum eine Zukunft. Der Topmanager aus der Schweiz, der sich auch mit seinem Einsatz für den Schuhhersteller Romika in Rheinland-Pfalz einen Namen gemacht hat, genießt bei Banken und in der Landesregierung Vertrauen. Von den Bürgschaften des Landes und der Stadt Kaiserslautern, von den Krediten der Banken ist der mit fast 30 Millionen Euro verschuldete FCK abhängig.

Fragwürdige Briegel-Rolle

Ob die Geldgeber das gleiche Vertrauen in Briegel setzen würden, der sich seinen Ruf allein auf dem Fußball-Platz im Trikot der „Roten Teufel“ und der Nationalmannschaft erarbeitet hat, ist mehr als fraglich. Briegel, einst als „Walz aus der Pfalz“ Markenzeichen für den Fußball made in Kaiserslautern, genießt das Vertrauen vieler Vereinsmitglieder.

Bei der Jahreshauptversammlung am 5. November, als mit der Wahl eines neuen Aufsichtsrates der trügerische Neubeginn eines harmonischen Miteinanders gezeichnet wurde, verschaffte sich Briegel mit populistischen Äußerungen und Forderungen Gehör.

Jäggi mittendrin im Intrigenspiel

Dabei ist auch seine Vita nicht ohne Stolperer: Zum einen hat ihn Otto Rehhagel einst als Manager entmachtet, zum anderen gilt Briegel als Intimus des Spielerberaters Roger Wittmann. Der Schwager von Mario Basler hat über seine Agentur „Rogon“ allein zwölf Pfälzer Kicker unter Vertrag, verdient am FCK bestens und gilt als heimlicher Machthaber aus der Ära unter Jürgen Friedrich.

In diesem Intrigenspiel blickt auch Jäggi nicht mehr durch. „Ich bin kein Hampelmann“, sagt der Schweizer, der noch immer keinen Vertrag unterschrieben hat. Seine einzige Personalentscheidung seit seinem Amtsantritt vor drei Monaten war die Verpflichtung von Gerets.

Trainer als Bittsteller

„Wenn man mich zwingt den Trainer zu entlassen, dann muss man auch mich entlassen“, droht Jäggi. Gerets ist kein unerfahrener Trainer, dem ein Sportdirektor oder Senior-Coach wie Karl-Heinz Feldkamp vor die Nase gesetzt werden kann, das weiß Jäggi. Und das weiß auch Briegel, selbst wenn er behauptet, es ginge dem Aufsichtsrat nur darum, „dass wir Gerets unterstützen und helfen wollen“.

Fakt ist aber auch: der Trainer wirkt nach wenigen Wochen überfordert. Tritt als Bittsteller bei einer Mannschaft auf, die eine lose Ansammlung von überschätzten Altstars, überforderten Youngstern und überbezahlten Legionären ist. Kein Zusammenhang, kein Zusammenhalt. Doch genau diese Truppe ist mit hoch dotierten Verträgen ausgestattet, „die uneingeschränkt für die zweite Liga Gültigkeit besitzen“ (Jäggi). Bis zur Winterpause fällt nun auch noch Kapitän Thomas Hengen wegen einer Knieverletzung aus. Die meisten Spieler - Mario Basler, Ciriaco Sforza, Miroslav Klose - stützen den Trainer zumindest verbal bedingungslos.

Pfalztheater geht weiter

Gerets-Bilanz ist mit nur einem Sieg aus elf Spielen mehr als ernüchternd. Werner Lorant (Fenerbahce Istanbul) und Stefan Kuntz, der im September beim Karlsruher SC entlassen wurde, werden bereits als Gerets-Nachfolger gehandelt. Lorant hat zwar noch keinen Kontakt aber schon ein Rezept. „Mit Schönspielen kommst du jetzt nicht mehr weiter. Jetzt musst du kämpfen und treten, die Messer müssen gewetzt werden“, so Lorant gegenüber „Sport1“. Briegel strebt angeblich eine Kombination Kuntz/Feldkamp an.

„Einen Trainerwechsel kann sich der Verein gar nicht leisten“, blockt Jäggi ab. Das Chaos ist komplett, das Pfalztheater geht weiter. Jäggi weiß es: „Mir ist weniger vor der sportlichen Situation bange, als vor den anderen Bomben, die hier noch liegen.“

Text: @hel, @phi
Bildmaterial: dpa

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